Im Engineering liegt viel Potenzial um Zeit und Geld zu sparen. Je besser die Planung, desto schneller die Umsetzung in der Werkstatt. Und desto schneller zufriedene Kunden. Eine neue Schnittstelle zwischen dem EPLAN Data Portal und dem Weidmüller Configurator WMC könnte künftig nicht nur der Baumgartner Automation GmbH eine zusätzliche Beschleunigung bringen.
„Ohne Engineering geht im Schaltanlagenbau gar nichts mehr und die Zeiten von Try and Error in der Werkstatt sind lange vorbei. Anlagen sind komplexer geworden, die Anforderungen an Sicherheit und Zuverlässigkeit steigen immer weiter. Und aktuell mangelt es an Fachkräften. Dabei zählt das Engineering im Schaltanlagenbau zu den boomenden Aufgabengebieten. Und gutes Engineering ist mittlerweile das Um und Auf um wettbewerbsfähig zu sein. Die vielfältigen Aufgaben machen das Engineering als Aufgabe und Berufsbild mehr als spannend, bedeutet für die Schaltanlagenbauer aber besondere Herausforderungen. Das weiß man auch bei Baumgartner Automation im oberösterreichischen Gaspoltshofen. Auch hier ist das Engineering längst zu einer der wichtigsten Abteilungen geworden. Allein sechs Mitarbeiter sind hier in der Planung tätig. „Ja, das Engineering wird immer wichtiger, alles wird datengetriebener. Auch unsere Kunden haben und wollen mehr Daten. Auch mehr Dokumentationen“, versichert Christian Sturmair, Leitung Engineering bei Baumgartner Automation. „Und dabei fragen wir uns laufend: Wie können wir schneller werden“, ergänzt Christoph Dirnberger, COO bei Baumgartner Automation. Die Antwort liegt beim Schaltanlagenbau auf der Hand: Mehr Automatisierung und Standardisierung, um selbst mit weniger Fachpersonal mehr Output produzieren zu können. Bei Baumgartner Automation helfen dabei verschiedene Engineeringtools und dank einer neuen Schnittstelle künftig auch eine Verbindung des EPLAN Data Portal mit dem Weidmüller Configurator (WMC).
Die WHP Solutions ist zu 90 % als reiner Schaltschrankbau ist ein hartes Projektgeschäft: knappe Termine, enge Margen und auch mal kurzfristige Änderungen. Daher müssen auch die Engineering-Prozesse immer schneller, flexibler und wirtschaftlicher ablaufen. Damit man den Schaltschrankbau als ganzheitlichen Prozess von der Planung über die Installation bis hin zum Betrieb umsetzen kann, sind intelligente Tools nötig, die den komplexen Planungsprozess, die Bestellung als auch den Einbau beschleunigen und effektiver gestalten. Seit Jahrzehnten konzipiert und konstruiert man bei Baumgartner Automation seine Steuerungsschränke, Schaltanlagen und Stromverteilersysteme mit EPLAN. Mittlerweile mit EPLAN Pro Panel in 3D. Die Daten dafür kommen aus dem EPLAN Data Portal. Diese Produktbibliothek, mittlerweile nur mehr als Cloud-Service verfügbar, bietet den Engineering-Experten einen laufend wachsenden Pool namhafter Komponentenhersteller für die Planung der diversen Projekte.
„Eine intelligente Suchfunktion macht außerdem Vorschläge passend zum Suchverhalten. So findet man noch zielgerichteter, was man sucht und kann auch sinnvolle Ergänzungen oder Alternativen entdecken“, ergänzt Gerhard Baumgartner, Vertrieb bei EPLAN. Und er bezeichnet das Data Portal als Multiplikator: „Ganz einfach: wer als Hersteller im Portal vertreten ist, wird auch verwendet. Wir sammeln aber gerne Kundenwünsche und ergänzen die Artikel der Hersteller.“ Damit die Schaltanlagenbauer im EPLAN Data Portal sämtliche standardisierten und international gültigen Gerätedaten finden, sind mehr als 2.500.000 direkt downloadbare bzw. konfigurierbare Gerätedatensätze von über 400 Herstellern verfgügbar. Weidmüller stellt davon 132 neue und 862 aktualisierte Datensätze mit Klemmen, Relais, etc. zur Verfügung, die bei Baumgartner Automation längst Standard sind.
Das Engineering wird immer wichtiger, alles wird datengetriebener. Auch unsere Kunden haben und wollen mehr Daten. Auch mehr Dokumentationen.
Kann es darüber hinaus im Schaltschrankbau noch weitere Spielräume zur Beschleunigung geben? Die klare Antwort von Weidmüller lautet: Ja. Der Weidmüller Configurator WMC übernimmt als Engineering-Software die Konfiguration von Tragschienen und Tragschienenkomponenten oder von kompletten Baugruppen des Weidmüller-Portfolios. 3D-Ansichten machen das Bemaßen, Verdrahten und Markieren einfachen. Der WMC ist durch eine selbsterklärende Oberfläche und Drag-and-drop-Funktionen intuitiv bedienbar und wird in Zukunft auch eine Datenbank mit Best-Pratice-Lösungen für standardisierte Projekte beinhalten. „Die Idee hinter dem Configurator war es, dem Kunden eine Möglichkeit zu geben, seine Engineering-Ideen elektronisch darzustellen“, erklärt Andreas Hössinger, Connectivity Consultant Weidmüller Österreich und ergänzt: „Gleichzeitig kann sich der Kunde die Produkte als digitalen Zwilling ansehen.“ Ein weiteres Plus des Configurators ist eine logische Prüfung der Konfiguration. Das heißt: Der Anwender kann die Plausibilität seiner Planung überprüfen und in Folge Optimierungen vornehmen. „Wenn beispielsweise eine Abschlussplatte als Schutzvorrichtung für die Planung vergessen werden würde, dann erkennt das der Configurator sofort und liefert den Hinweis für eine Nachrüstung“, sagt Thomas Kaufmann, Außendienst bei Weidmüller Österreich und Ansprechpartner für Baumgartner Automation. Die automatische Plausibilitätskontrolle und selbstständige Korrektur erleichtern die Planung deutlich, verhindern fehlerhafte Aufbauten und sorgen für eine große Zeitersparnis. Zudem erhält der Nutzer einen weiteren Mehrwert: Die lückenlose Dokumentation der bestückten Tragschiene. „Sobald die ideale Konfiguration erstellt wurde, können die Komponenten direkt aus der Software heraus angefragt und ein Angebot für alle enthaltenden Bauteile erzeugt werden“, beschreibt Kaufmann ein sehr wichtiges Feature des WMC. Das Angebot kann entweder aus Einzelkomponenten oder aus einer vormontierten Komplettlösung auf einer Hutschiene bestehen, die später nur noch im Schaltschrank montiert werden muss. „Eine einzige Artikelnummer für alles hat für den Kunden den großen Vorteil, dass der Logistikleiter nur eine Nummer braucht, um sie im System zu verwalten“, so Kaufmann. „Er muss nicht die ganzen Klemmen, die er auf dieser Leiste hat, verwalten oder bevorraten. Das bedeutet ein riesiges Plus hinsichtlich der Logistik – intern aber auch extern.“
Jetzt gibt es zusätzliches Asset im Configurator. Eingebettete Schnittstellen ermöglichen den einfachen Austausch von Produktdaten zwischen dem WMC und EPLAN. „Das bedeutet: Man plant seinen Schaltschrank wie gewohnt in EPLAN und überträgt die Daten an den WMC. Dort kann das Projekt weiter verarbeitet und bearbeitet werden“, erklärt Kaufmann. Das funktioniert auch in die umgekehrte Richtung wie Gerhard Baumgartner weiß: „Trennplatten oder Befestigungsschellen haben keine Relevanz in der Elektrotechnik und werden im Engineering gerne vergessen. Sobald man seine Planung in den WMC zurückspielt, werden sie aber mitgedacht.“ Bislang hat das Engineering von Baumgartner Automation den WMC noch nicht im Einsatz, aber die Möglichkeit das Engineering weiter zu beschleunigen, klingt für Christoph Dirnberger verlockend.
Arbeitskräftemangel ist ein akutes Problem. Das spürt man auch bei Baumgartner Automation, hat aber für sich, zumindest was das Engineering angeht, eine Lösung gefunden. „Wir holen uns die guten Mitarbeiter aus der Montage. Im Engineering ist es von Vorteil, wenn man die fertigen Anlagen auch in echt in der Hand gehabt hat und sie nicht nur in einer 3D-Planung gesehen hat“, versichert Sturmayer und ergänzt: „Es ist gut zu wissen, wie die Maschine funktioniert, die man geplant hat.“ Für die Werkstatt ist ein funktionierendes Engineering ebenfalls Gold wert. Denn wenn die Planung hundertprozentig stimmt, ist in der Werkstatt Potenzial für anderes frei. „Auch weniger ausgebildetes Personal kann dank fertiger Pläne einen Schaltschrank aufbauen“, versichert EPLAN-Mann Gerhard Baumgartner.
Auf alle Fälle ist Baumgartner Automation bestrebt sich laufend selbst zu verbessern und seine Abläufe zu optimieren. Das hat sich schon 2022 bei einem Lean-Management-Projekt mit den Weidmüller-Experten gezeigt. Allerdings gibt Christoph Dirnberger zu bedenken: „Es ist alles sehr schnelllebig, dauernd kommen Neuerungen ¬– das muss man als Unternehmen aushalten.“ Wie man damit umgehen kann, dafür hat Dirnberger gleich einen Vorschlag parat: Man müsse nicht überall sofort dabei sein. Man könne den Dingen und auch sich selbst einmal ein bisschen Zeit geben, um zu schauen, was gut läuft. „Wir wollen nicht stehenbleiben, sondern uns weiterentwickeln. Das kann dann aber auch sehr schnell gehen – mit Willen und Kraft“, schließt Dirnberger lachend.